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Was CFK-Abfall alles kann. Fünf verblüffende Anwendungsbeispiele für recycelte Carbonfasern

Was CFK-Abfall alles kann. Fünf verblüffende Anwendungsbeispiele für recycelte Carbonfasern

Wissen Sie, woraus Flugzeuge heute zum Großteil gebaut werden? Und welches Material dazu führt, dass Autos immer leichter werden? Woraus bestehen eigentlich hauptsächlich die Rotorblätter der Windräder in den Windparks? Man nennt es das schwarze Gold oder den Werkstoff der Zukunft. Die Rede ist von Kohlenstoff(=carbon)faserverstärktem Kunststoff, kurz: CFK. Seine Vorteile liegen auf der Hand, denn er ist bis zu 70 % leichter als Stahl und bis zu 30 % leichter als Aluminium. Dabei ist der Faserverbundwerkstoff besonders fest und steif, so dass er hohen Belastungen standhält. Ganz schön faszinierend. Aber was passiert eigentlich, wenn ein Auto, Flugzeug oder Rotorblatt verschrottet werden müssen? Wie sind die Entsorgungswege für CFK und kann das Material recycelt werden? Und was entsteht aus den aufbereiteten Fasern? Antworten auf diese Fragen erhalten Sie, wenn Sie weiterlesen.

 

CFK – Was ist das überhaupt?

Seit vielen Jahren geht der Trend in der Automobil- und Flugzeugindustrie zum Leichtbau, denn leichtere Autos und Flugzeuge verbrauchen weniger Sprit. Damit stoßen sie auch weniger Schadstoffe aus. Hinzu kommen Einsparungen bei Motoren und Bremsen, denn ein leichteres Auto oder Flugzeug lässt sich mit weniger Leistung antreiben und zum Stehen bringen. Aber woraus genau besteht dieser Wunderwerkstoff CFK?

CFK besteht aus Kohlenstofffasern, die in eine Matrix aus Kunststoff, zum Beispiel einem sogenannten Epoxidharz, eingebettet sind. Die Faser und die Matrix erfüllen jeweils unterschiedliche Aufgaben und ergeben erst zusammen eine unschlagbare Kombination.

Kohlenstoff umgibt uns überall, alles lebende Gewebe besteht aus Kohlenstoffverbindungen. Man findet es in elementarer Form, z. B. Diamanten oder Graphit, aber auch in Form organischer Verbindungen wie beispielsweise Kohle, Erdgas oder Erdöl. Und auch in unserer Atemluft befindet sich Kohlenstoff: Wir atmen es in Form von Kohlenstoffdioxid aus.

Aber wie wird aus Kohlenstoff eine Kohlenstofffaser?  Sie wird aus organischen Ausgangsmaterialien hergestellt, zum Beispiel Erdöl, und in einem thermo-chemischen Prozess zum graphitartigen Kohlenstoff karbonisiert. Dabei werden organische Verbindungen bei hohen Temperaturen unter Ausschluss von Sauerstoff gespalten. Wird das Material während dieser Temperaturbehandlung gleichzeitig einer Zugspannung ausgesetzt, kann die atomare Struktur in den Fasern dahingehend verändert werden, dass sie höhere Steifigkeit und Festigkeit aufweisen.

Die Herstellung von CFK, also einem kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff, orientiert sich an Vorbildern aus der Natur und imitiert sie so gut wie möglich: Gräser und Holz beispielsweise bestehen ebenso aus Fasern, die in eine Füllmasse eingebettet sind, nämlich Zellulose. Die Kohlestofffasern können auf unterschiedliche Weise zu CFK weiterverarbeitet werden, zum Beispiel in Form eines Gewebes oder eines Tapes. Der Vorgang wird Laminieren genannt. Der Unterschied: Bei einem Gewebe werden die Kohlenstofffasern in mehreren Lagen, jeweils um eine bestimmte Gradzahl versetzt, aufeinandergelegt, so dass sie miteinander verwoben werden. Anschließend werden sie mit dem Epoxidharz getränkt. Dies kann in Form einer Infusion geschehen oder mithilfe einer Rolle. Bei Tapes liegen die Fasern nebeneinander und werden ausschließlich durch das Harz verklebt und so zusammengehalten. Anschließend können aus dem Material Bauteile hergestellt werden, die in einem sogenannten Autoklav, der einem sehr großen, sehr heißen Backofen ähnelt, ausgehärtet werden. So bestehen beispielsweise Seitenleitwerke oder der Rumpf von Flugzeugen zu einem Großteil aus CFK, aber z. B. auch das Armaturenbrett von einigen PKW.

 

Wie funktioniert das Recycling von CFK?

Doch was passiert mit dem langlebigen und robusten Werkstoff, wenn ein Bauteil, ein ganzes Flugzeug oder Auto verschrottet werden müssen? Und wie werden Abfälle und Reste aus der Produktion behandelt? Die Entsorgungswege und -möglichkeiten wurden beim Produktdesign lange Zeit nicht bedacht und berücksichtigt, sie erweisen sich jedoch als besonders komplex. Die sonst üblichen Entsorgungswege wie zum Beispiel die thermische Verwertung in Müllverbrennungsanlagen sind nicht möglich. Warum? Seit einigen Jahren nehmen Müllverbrennungsanlagen in Deutschland keine carbonfaserhaltigen Materialien mehr an. Aus gutem Grund, denn sie werden bei den üblichen Temperaturen und Verweildauern nicht komplett zerstört. So besteht die Gefahr, das freigelegte, feine Faseranteile auffliegen und in die Elektrofilter der Abgasreinigung gelangen. Dort können die elektrisch leitfähigen Fasern Kurzschlüsse verursachen. Fallen die Filter aus, muss die komplette Anlage heruntergefahren werden. Das kostet sehr viel Zeit und Geld und behindert den laufenden Betrieb.

Deshalb muss das Material anders verwertet werden: Das Recycling ist zwar sehr aufwendig, aber das Material lässt sich anschließend ohne Qualitätsverluste wieder in den Produktionskreislauf zurückführen. Mittels eines Pyrolyseverfahrens, bei dem das Material unter Ausschluss von Sauerstoff erhitzt und somit die Faser aus der Harzmatrix gelöst wird, lassen sich reine Carbonfasern zurückgewinnen. Die zurückgewonnenen Fasern können anschließend in unterschiedlicher Form weiterverarbeitet werden. Welche das sind? Dazu kommen wir jetzt.

 

   Vliese aus CFK kommen beispielsweise in Sandwich-Bauelementen zum Einsatz 1. Wie aus CFK-Abfall Vlies wird

Die recycelten Fasern lassen sich beispielweise zu textilen Vliesen weiterverarbeiten. Ein Vlies ist ein Gebilde aus langen Fasern, die über eine Luftführung zu einem wirren Gebilde abgelegt und anschließend über einen Näh- oder Vernadelungsprozess verfestigt werden. Das klingt merkwürdig, macht aber den Unterschied zu Materialien, die gewebt, gewirkt, gestrickt oder geflochten sind, ganz deutlich. Deshalb nennt man Vliese auch non-woven, also „nicht-gewebt“.

Vliese werden in ganz unterschiedlichen Herstellungsverfahren gefertigt und können vielseitig eingesetzt werden. Vliese aus recycelten Carbonfasern werden vor allem dort eingesetzt, wo statische Aufladung abgeleitet werden soll. Außerdem lässt sich damit elektrische Leitfähigkeit herstellen. Die Bandbreite reicht von hundertprozentigen Carbonfaservliesen bis hin zu Mischvliesen mit thermoplastischen Anteilen.

So werden Vliese aus recyceltem CFK beispielweise im Baugewerbe eingesetzt. Zum Beispiel werden sie in vliesverstärkten Sandwich-Elementen verwendet, die im Hausbau oder in der Industrie zum Einsatz kommen. Sie dienen der Isolierung und dem Wärmeschutz, haben hervorragende Dämmeigenschaften. Ebenso findet man sie beispielsweise in Form von Kohlefasermischvlies im Interieur von Automobilen wieder, zum Beispiel am Dachhimmel, in den Sitzen oder in der Türverkleidung.

 

  2. Papiere aus CFK-Abfall 

Papiere oder sogenannte veils zählen ebenfalls zu den Langfasern. Sie kommen zum Beispiel da zum Einsatz, wo Sandwichbauteile verstärkt oder Oberflächen kaschiert werden müssen. Sie dienen auch als Verstärkung für verschiedene Sportgeräte, zum Beispiel Kite- oder Snowboards, Hockeymasken oder hochwertige Fahrräder.

 

 

 

 

Carbonräder sind ohnehin ein reiner Fundus an Anwendungsmöglichkeiten für recycelte Carbonfasern, denn in ihnen werden beinahe alle Faserformen eingesetzt, um ihnen bei enormer Gewichtseinsparung die nötige Steifigkeit und Festigkeit zu verleihen.

 

 

 

3. Kleine Kugeln aus CFK-Abfall: Pellets

Wird CFK-Abfall zu Kurzfasern verarbeitet, sind andere Anwendungen möglich. Kurzfasern werden beispielsweise zu kleinen Kügelchen, sogenannten Pellets oder fiberballs geformt. Diese sind rieselfähig. So werden die Pellets zum Beispiel beim Bau von Fahrrädern genutzt. Aus ihnen werden faserverstärkte Spritzgussprodukte, die als Anbauteile am Fahrrad verwendet werden, zum Beispiel Sattelstützen, Bremshebel, Flaschenhalter, Luftpumpen oder Gepäckträger. Doch auch in Automobilen kommen die Pellets zum Einsatz. Sie werden unter anderem in der Karosserie beim Bau der Front- und Heckschürze eingebracht. Durch ihr niedriges Gewicht machen sie die Fahrzeuge kraftstoffsparend und damit umweltfreundlicher.

 

4. Gemahlene Carbonfasern: milled

Die kürzeste Kurzfaser ist das sogenannte CFK-Mehl. Die milled-Fasern dienen vor allem als Füllstoff, der sowohl mechanische als auch elektrische Eigenschaften von Bauteilen optimiert. Anwendungsbereiche finden sich in Kunststoffgehäusen, Bodenbelägen und speziell auch im medizinischen Bereich. Durch die Verwendung von gemahlenen Carbonfasern können Bauteile um antistatische Merkmale erweitert werden. Ein gutes Anwendungsbeispiel sind antistatische Fußbodenbeläge, die vor allem in OP-Sälen und Laboren, in Serverräumen mit empfindlichen elektronischen Bauelementen oder in der Industrie im Umgang mit feuer- und explosionsgefährlichen Stoffen benötigt werden.

 

 

5. Geschnittene Carbonfasern: chopped

Ebenfalls eine Kurzfaser, aber deutlich länger als die des Fasermehls: die geschnittene Carbonfaser. Sie sind zwischen 3 und 100 mm lang. Sie werden zum Beispiel im Spritzgussverfahren angewendet und können zur Herstellung von Möbeln, wie z. B. Stühlen im Leichtbaudesign dienen. Darüber hinaus stellen die geschnittenen Carbonfasern auch die Grundlage für die Produktion von Carbonfaservliesen dar.

 

Zukunft des CFK-Recycling 

Der Trend am Markt deutet darauf hin, dass der Bedarf für energieeffiziente Verwertung von Altfasern weiter zunehmen wird. Die gesellschaftliche Entwicklung hin zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz macht sich auch in diesem Sektor sehr deutlich bemerkbar. Das Recycling von CFK schließt Wertstoffkreisläufe und verlängert die Verweildauer der kostbaren Rohstoffe. Dem Recycling kommt daher eine besonders große Bedeutung zu, denn immer mehr Kunden legen Wert auf ökologische, nachhaltige Lösungen. Für Hersteller ist der Einsatz von recycelten Fasern ebenfalls attraktiv, nicht nur da der Herstellungsprozess für CFK mit Neufasern sehr energie- und ressourcenaufwendig und damit kostspielig ist. Doch auch, weil sie sich an gesetzlich vorgeschriebene Recyclingquoten halten müssen.

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Über den Autor

Kati Meyer-Thiedig

Mitarbeiterin der Unternehmenskommunikation von 2011 bis 2023

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